Corporate Influencer: Wo sind deine Markenbotschafter?

Corporate Influencer: Wo sind deine Markenbotschafter?

Wie entwickelt man Corporate Influencer und gleichzeitig eine erfolgreiche Arbeitgebermarke zu etablieren? Heutzutage muss eine Arbeitgebermarke oder auch “Employer Brand” die eigenen Mitarbeitern begeistern und gleichzeitig in “War for talents” die besten Fachkräfte “High Potentials” anwerben.

ZEIT stellt fest, dass jeder vierte Beschäftige in Deutschland pendelt jeden Tag mehr als eine Stunde. Berufstätige hochqualifizierte Paare machen davon einen signifikanten Teil aus. Ist mein Unternehmen so schlecht, dass potenzielle Kandidaten lieber in die Nachbarstadt fahren, als zu mir zu kommen?

Oft fehlt die nötige Sichtbarkeit als attraktiver Arbeitgeber gegenüber potenziellen Bewerbern. Es gibt viele Ansätze eine Arbeitgebermarke aufzubauen. Einen wesentlichen Anteil daran haben die eigenen Mitarbeiter. Es zahlt sich aus, wenn die eigenen Mitarbeiter sich als Markenbotschafter positionieren dürfen. Hier spricht man von so genannten “Corporate Influencern” oder auch von “Employer advocacy”.

Entkopplung der Kernmarke?

Starten wir mit einem kurzen Exkurs zum Thema “Entwicklung einer Arbeitgebermarke“. Oft findet eine Entkopplung der Kernmarke im Bereich Arbeitgebermarke statt. Es wird versucht eine Marke zu etablieren, die den Anforderungen weiterer (interner) Abteilungen genügen.

Der Ausgangspunkt ist ein absehbarer Fachkräftemangel und es wird eine Personalmarketing-Kampagne aus dem Boden gestampft. Eine Message, Claim oder griffiger Spruch muss her. Alles neu machen eben. Das Personalmarketing versucht, eine neue Marke mit besonderen Eigenschaften aufzuladen. Diese Brand soll nun eine Botschaft weitertragen, die  von den Kernprodukten bzw. Eigenschaften der bestehenden Marke losgelöst sind.

Arbeitgebermarke neu denken: Corporate Influencer ?

Nicht immer sind Firmenname und die Marke deckungsgleich. Viele Unternehmen fokussieren sich viel zu stark auf die Sicht nach innen. Geworben wird mit Wohlfühlfaktoren: Sozialleistungen, kostenloses Essen, Firmenparkplatz, einer ausgewogenen Work-life-Balance oder die Anzahl der Urlaubstage *gähn*. Man macht eben das, was alle Anderen auch machen. 

Erreicht eine Arbeitgebermarke dadurch an Glaubwürdigkeit? Die Autoren Ken Banta und Michael Watras stellen die Frage in den Raum: Muss man den Begriff Arbeitgebermarke neu denken?

Und etwas weitergefragt: Ist die Meinung der eigenen Mitarbeiter nicht viel wertvoller und authentischer? Kann die Außenwirkung eines Unternehmens nicht viel stärker von den eigenen Mitarbeitern als Markenbotschafter profitieren? Der Mitarbeiter ist zwar ein Puzzlestück in einer Arbeitgebermarke, trotzdem sollte man die Meinung und Reichweite in der Kommunikation nicht unterschätzen. Aus diesem Ansatz heraus wird der “Corporate Influencer” beschrieben. 

Was ist ein Corporate Influencer?

Jetzt mal Butter bei die Fische. Dr. Martin Sturmer liefert folgenden Serviervorschlag:

“Corporate Influencer sind Mitarbeiter, die in ihren eigenen digitalen Kanälen Unternehmensthemen kommunizieren, um die Erreichung der betrieblichen Ziele zu unterstützen” (Sturmer 2019, S. 3-4).

Sturm beschreibt damit einen intrinsischen Ansatz aus einer Kommunikationsperspektive. Das Ziel ist: Der eigene Mitarbeiter als Corporate Influencer und gleichzeitiger Multiplikator, durch sein eigenes Netzwerk. Ein Markenbotschafter kann ebenfalls durch “Employee Advocacy” beschrieben werden, ergänzt Martin Sturm (vgl. Sturmer 2019, S. 3). 

Welche Inhalte funktionieren?

Ein erfolgreicher Inhalt unterscheidet sich von Unternehmen und Branche. Erfolgreiche Inhalte sind menschgemacht. Andrea Steverding von der Consulting-Agentur Oliver Wymann sagt, dass “Menschen vor allen Dingen Menschen vertrauen.” Sie meint damit, dass die Inhalte der Mitarbeiter ehrlicher und direkter sind. Martin Sturm ergänzt noch, dass User reale Mitarbeiter bevorzugen anstatt “anonyme Logos”. (vgl. Martin Sturm 2019, S. 3). Wymann bekräftigt ebenfalls, dass menschliche Inhalte emotionaler wirken – Funktionieren deshalb emotionale Inhalte besser?

Die wichtigsten Vorteile eines Corporate Influencer

Nachfolgend listet die Autorin Kerstin Hoffmann in ihrem Buch Lotsen in der Informationsflutdie Vorteile von Corporate Influencern auf.

  • Stärkere Sichtbarkeit
  • Gesteigerte Glaubwürdigkeit
  • Interessantere Inhalte
  • Größere Nähe zu Stakeholdern
  • Direkte Schnittstelle in die Öffentlichkeit
  • Stärkere Kunden-Marken-Bindung
  • Vorsprung am Arbeitsmarkt
  • Gesteigerte MItarbeitermotivation
  • Informationsvorsprung
  • Vorbeugung für Krisenfälle

Als Marke handeln und die Konsequenz daraus

Der damalige Kommunikationschef  Christof Ehrhart hatte Ende der 90er Jahre die Aufgabe, die Übernahme von Compuserve durch AOL intern kommunizieren. Er berichtet: “Für die Pressearbeit und die interne Vermittlung haben wir uns einen (wie ich dachte) motivierenden Claim ausgedacht Two Brands – One Success.Was gut gemeint war, ging allerdings nach hinten los. Denn die ehemaligen Compuserv-Mitarbeiter dichteten den Slogan um: Two Brands – One Sucks. (Gefunden bei Turi2.de).

Der Slogan verfehlte seinen Zweck und wurde durch die (ehemaligen) Mitarbeiter zweckentfremdet. Hier zeigt sich, dass eine Unternehmenskultur komplett kippen kann. Durch lediglich einen griffigen Claim löst man keine echten Probleme, man schafft das Gegenteil: Es kommen neue hinzu. In diesem Beispiel: Die Frust der Mitarbeiter, und (fast schon) ein Identitätsverlust der Mitarbeiter. Wo der Mensch ist, sind immer Emotionen mit im Spiel.

Fehlerkultur für Corporate Influencer etablieren

Wenn die Entscheidung in einem Unternehmen gefallen ist, ein Corporate Influencer-Programm ins Leben zu rufen, werden Grundlagen für diesen Prozess definiert. In dem Prozess darf ein wesentliches Element nicht fehlen: Der Umgang mit Fehlern.

“Sich zuzugestehen, Fehler zu machen, und mit Humor darauf zu reagieren, ist viel ratsamer, als den Kopf in den Sand zu stecken. Menschen lieben Geschichte von Menschen, und genau das gilt auch für diejenigen Unternehmen, die ihre Mitarbeiter sichtbarer machen wollen.” (Onaran 2019, S. 49)

Onaran plädiert dafür, mit Menschlichkeit auf Fehler zu reagieren. Eine Fehlerkultur ist immer Teil eines neuen, unbekannten Prozesses für ein Unternehmen. Fehler dürfen gemacht werden, weil man nur aus Fehlern lernt.

Fazit

Ein Corporate Influencer ist in der Sache nichts neues. Schon immer haben Mitarbeiter über das eigene Unternehmen berichtet. Im Gegensatz zu früher sind Unternehmensbewertungen öffentlich einsehbar. Heutzutage erzeugt Social Media digitale Bewertungen, die oft noch Jahre später nachwirken können. Ob positiv oder negativ: Wichtig dabei ist, dass Menschen sich überwiegend an menschlichen Empfehlungen orientieren. 

Wo fängt man eigentlich an? Das Thema “Corporate Influencer” ist ein großes “Change-Projekt” und keine kurzlebige Angelegenheit.  Das Projekt wird durch eine hohe Komplexität in der Planung und Umsetzung beschrieben (vgl. Sturmer, S.1). Knapp 3/4 der internen Projekte sind zum Scheitern verurteilt (vgl. Keller und Price, 2011, S. 23). Entweder scheitert es an den eigenen Mitarbeitern oder am Management (vgl. ebd.). 

Startphase
Gerade in der Startphase muss der Motor händisch angekurbelt werden. Beginnen sollte man mit ausgewählten Mitarbeitern. Der Projektverlauf sollte kurz und knapp monitored werden. Zuviele Regeln und Hürden sind Gift für eine solche Initiative.

Bedenkenträger
Gab es vorher schon Bedenkenträger? Auf dem Weg werden diese Bedenkenträger sich entweder zu dem Projekt bekennen oder es weiterhin ablehnen. Nicht jeder Mitarbeiter kann ein Multiplikator sein – das muss klar sein. Wenn es klappt, etabliert sich der Mitarbeitende  als Markenbotschafter. Ein verschriftlichtes Bekenntnis des Unternehmens zur Nutzung von Social Media (Social Media Guideline) gibt den Mitarbeitern Sicherheit und eine Legitimation zum posten in sozialen Medien.

Wenn es klappt ist es eine Win-Win-Situation für beide Seiten – sowohl für das Unternehmen als auch für die Mitarbeitenden.