Stakeholder-Theorie nach Freeman – Was ist ein Stakeholder?

Stakeholder-Theorie nach Freeman

Stakeholder-Theorie nach Freeman: Von der Idee zur Theorie

Im Jahr 1984 setzte Edward Freeman einen Grundstein für die Stakeholder-Theorie. Diese Theorie führte zur ausführlichen Entwicklung von weiteren Strategieansätzen und änderte die Sichtweise von Managern in Wirtschaftsunternehmen grundlegend. Der Begriff „Stakeholder“ formte sich erst langsam von einer Idee zu einer Theorie. Der Begriff Stakeholder entwickelte im Laufe der Jahre zu einer Bindestrich Strategie mit verschiedenen Ausprägungen.

Stakeholder-Theorie: Die Entwicklung der Theorie

Stakeholder-Theorie nach Freeman Satelitenmodell

Das Modell nach Freeman ist ein Satelliten-förmiges Modell. Im Zentrum steht die „Unternehmung“ und in Satelliten-förmiger Anordnung befinden sich die Anspruchsgruppen. Alle Stakeholder sind gleichermaßen mit dem Zentrum verbunden. Eine Verbindung der Stakeholder untereinander besteht nach diesem Modell nicht. Die Punkte sind alle gleich groß und implizieren eine gleichwertige Behandlung und Priorisierung nach Freeman. Die einzelnen Punkte entsprechen Gruppierungen von Stakeholdern die einen direkten oder indirekten Einfluss auf das Unternehmen haben. Das Modell wurde im Laufe der Jahre kritisiert und ergänzt bzw. überarbeitet und dient in der vorliegenden Arbeit als Visualisierung des ursprünglichen Gedankens von Freeman als Referenz für weitere Modelle und Theorien.

Stakeholder-Theorie nach Freeman Grin

Kategorisierung und Priorisierung von Stakeholdern. Grundlagen und Ausblick der Stakeholder-Theorie nach Freeman

Der Stakeholder-Ansatz

Der Theoretiker Freeman baut mit seiner Stakeholder-Theorie auf dem so genannten Shareholder-Ansatz auf und erweitert diese Theorie. Der Shareholder-Ansatz setzt die Interessen von Anteilseignern des Unternehmens in den Mittepunkt der Strategie. Wesentlicher und ausschlaggebender Faktor vom Shareholders ist die Gewinnmaximierung des Anteilseigners (vgl. Poeschl, 2013).Er hat ein besonderes Interesse gegenüber dem Unternehmen. Anhand Freemans Stakeholderdefinition wird im Gegensatz zum Shareholder-Ansatz deutlich, dass die Einbeziehung weiterer Anspruchsgruppen sinnvoll ist. Nach Freeman sollte die Fokussierung von Unternehmenszielen nicht ausschließlich auf finanziellen Interessen von Anteilseignern liegen. Alle Anspruchsgruppen (Stakeholder), die zu einem Erfolg des Unternehmens beitragen können oder selbst davon beeinflusst werden, müssen berücksichtigt werden. Die Stakeholdertheorie nach Freeman konzentriert sich im wesentlichen auf 2 Fragen (vgl. Freeman 1994):

  • Was ist der Zweck eines bestimmten Unternehmens?
  • Welche Verantwortung haben Manager gegenüber den Stakeholdern?

Ein Missverständnis wird häufig in der Literatur erwähnt: Nach dem Modell von Freeman könnte sich der Eindruck entstehen, dass im Stakeholderansatz der Gedanke der Shareholder-Theorie (Gewinnmaximierung) ausgeschlossen wird – schließlich verlagert Freeman ja in seinem Modell das Interesse zunächst vom Shareholder auf den Stakeholder und stellt es dadurch in ein scheinbar neues Abhängigkeitsverhältnis. Allerdings bedeutet dieses Verhältnis nicht, dass Shareholder komplett ignoriert werden. Folglich ergibt sich, dass Shareholder eben auch Stakeholder sind (vgl. Freeman, Parmar & Wicks 2004, S. 365f). Als Schlussfolgerung bedeutet es, dass unternehmerische Ziele nicht ausschließlich am kurzfristigen finanziellen Interesse der Anteilseigner gemessen werden, sondern an der gemeinsamen Beteiligung. Das Resultat von gelungener Stakeholder-Theorie sollte also ein maximaler Erfolg, Profit und Wert des Unternehmens sein, an dem sowohl Stakeholder als auch Shareholder teilhaben (vgl. ebd. ,S. 365).

Der Stakeholderansatz als Bindestrich-Theorie führte (wie zuvor bereits erwähnt) zu Fehlinterpretationen in Bezug auf die Stakeholder-Theorie. Die Autoren Preston und Donaldson kritisieren, dass zentrale Begriffe der Theorie sehr unterschiedlich benutzt werden. Es findet ein Diskurs mit widersprüchlichen Argumenten in der Literatur statt (vgl. Donaldson & Preston, 1995, 70). „The stakeholder theory can be, and has been, presented and used in a number of ways that are quite distinct and involve very different methodologies, types of evidence, and criteria of appraisal.“(ebd.)

Die beiden Autoren Donaldson und Preston verwenden für ihre weitere Analyse eine anerkannte Differenzierung zwischen deskriptiven, instrumentellen und normativen Aspekten der Stakeholdertheorie (vgl. ebd.). Diese drei Aspekte werden nachfolgend dazu verwendet, um Ziele von Stakeholdern zu unterscheiden und auszudifferenzieren.

3 Aspekte der Stakeholder-Theorie

Deskriptiv / empirisch

Der deskriptive Aspekt beschreibt und erklärt, spezifische Charakteristika und das Verhalten im unternehmerischen Handeln hinsichtlich von Stakeholder-Beziehungen (vgl. Donaldson, Preston, S. 70). Das Zusammenspiel zwischen Management, Stakeholdern und Unternehmen ist ein grundlegender Ansatz der deskriptiven Stakeholder Theorie und „[…]erklärt die Verhaltensweise, die das Management wählt, um einen Kompromiss zwischen diesen unterschiedlichen Interessen zu erreichen.“ (Poeschl, 2013). Das heißt, es wird versucht, die aktuelle Unternehmenssituation abzubilden und anhand seiner Stakeholder zu vergleichen, ob Ziele und Eigenschaften berücksichtigt werden. In mehreren Studien und Befragungen von Managern belegen die Autoren Donaldson und Preston, dass dieser Aspekt eine Anwendung in der Unternehmensstrategie fand (vgl. Donaldson, Preston, S.70). Beide halten allerdings fortführend fest, dass es sich bei dem deskriptiven Aspekt lediglich um eine Beschreibung von Daten ohne weiterführende Analyse und Zusammenhänge handelt (vgl. ebd.). Eine solch eingleisige Schlussfolgerung, bestimmt durch Zahlen und Daten, birgt ein Gefahrenpotential für die Interpretation von Verhalten bzw. Ausprägung anhand von rein empirischen Grundlagen (vgl. Poeschl, 2013:130).

Instrumentell

Die Autoren schreiben der Stakeholder-Theorie einen instrumentellen Aspekt zu. Im Zusammenhang mit dem deskriptiven Ansatz ermöglicht er die Identifikation von vorhandenen Verbindungen oder auch fehlenden Verbindungen zwischen der Stakeholder Theorie und Unternehmenszielen. Donaldson und Preston schreiben dem instrumentellen Aspekt eine Wechselwirkung von Stakeholder Interessen und unternehmerischen Handeln und Zielen zu (vgl. Donaldson, Preston 1995,71). Diese Beziehung bildet einen Rahmen für die Untersuchung möglicher weiterer Zusammenhänge im Rahmen des instrumentellen Aspekts der Stakeholder Theorie.
Neben zahlreichen Studien zu diesem Thema ist diese Wechselwirkung ein Anlass zur Begründung, dass die Berücksichtigung von Stakeholder Interessen zum Unternehmenserfolg beiträgt (ebd.). „For example, what should managers do to maximize profits, to maximize returns to shareholders, or to maximize total welfare ? “ (Hendry 2001 :163). Hendry merkt mit seiner rhetorischen Fragestellung an, dass es einen Zusammenhang zwischen Interessen und Handeln in der Stakeholder Theorie gibt. Donaldson und Preston verweisen auf zahlreiche instrumentell-orientierte Studien die einen scheinbar indirekten Nachweis für eine höhere Profitabilität von Unternehmen durch die Berücksichtigung von Stakeholdern bringen (vgl. Donaldson, Preston 1995, 71). Ein direkter empirischer Nachweis ist in diesem Zusammenhang allerdings noch nicht erbracht worden (vgl. ebd. 78).

Normativ

Der normative Aspekt hat einen deskriptiven und einen instrumentellen Anteil. Zur Rekapitulation: Der deskriptive Ansatz beschreibt anhand empirischer Erhebungen bzw. Beobachtungen die Handlung von Unternehmen. Am instrumentellen Ansatz wird die Verbindung zwischen Stakeholder Management und Unternehmenszielen näher untersucht. Der normative Aspekt handelt auf Grundlage von ethisch-moralischen Prinzipien und geht von einer Bedürfnisbefriedigung der Stakeholder aus. (vgl. Poeschl 2013 131). Denn „[…]bei diesem Ansatz geht es nicht darum zu beschreiben, wie sich die Beziehungen zu den Stakeholdern tatsächlich gestalten, sondern darum vorzuschreiben, wie dies aus moralischer Sicht geschehen sollte.“ (de Colle 2004). Die Autorin Simone de Colle formuliert aus dem normativen Aspekt eine Art „Vorschrift“ als wesentliche Handlungs- bzw. Entscheidungsgrundlage in einem wirtschaftlich orientierten Unternehmen.

Three aspects of stakeholder theory

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Kategorisierung und Priorisierung von Stakeholdern. Grundlagen und Ausblick der Stakeholder-Theorie nach Freeman

  • Credits
  • de Colle, S. Die Systematik des Stakeholder-Managements. In J. Wieland, M. Behrent, & J. Wieland (Hrsg.), Handbuch Wertemanagement : Erfolgsstrategien einer modernen Corporate Governance (S. 526-551). Hamburg: Murmann Verlag.
  • Donaldson, T., & Preston, L. E. (Januar 1995). The Stakeholder Theory of the Corporation: Concepts, Evidence and Implications. The Academy of Management Review , 20 (1), S. 70.
  • Freeman, E. R. (Oktober 1994). The politics of Stakeholder Theory: Some Future Directions. Business Ethics Quarterly , 4 (4), S. 409-421.
  • Freeman, E. R., Wicks, A. C., & Parmar, B. (2004). Stakeholder Theory and “The Corporate Objective Revisited”. Organization Science , 15 (3), S. 364-369.
  • Freeman, E. R. (2010). Strategic Management: A Stakeholder Approach. Cambridge University Press.
  • Garvare, R., & Johansson, P. (12. Juli 2010). Management for sustainability – A stakeholder theory. Total Quality Management & Business Excellence , 21 (7), S. 737-744.
  • Hendry, J. (Januar 2001). Missing the Target - Normative stakeholder Theory and the Corporate Governance Debate. Business Ethics Quarterly , 11 (1), S. 159-176.
  • Mitchell, R. K., Agle, B. R., & Wood, D. J. (Oktober 1997). Toward a theory of stakeholder identification and salience: Defining the principle of who and what really counts. The Academy of Management , 22 (4), S. 853-886.
  • Poeschl, H. (2013). Strategischen Unternehmensführung zwischen Shareholder-Value und Stakeholder Value. Wiesbaden: Springer Gabler.
  • Sauterachs, S., Post, J. E., & Preston, L. E. (2002). Redefining the Corporation: Stakeholder Management and Organizational Wealth. Stanford, CA, USA: Stanford University Press.
  • Foto: R. Edward Freeman ©2014 Sam Levitan Photography
  • Photo by Jay Lee on Unsplash

Ich bin Projektmanager und Spezialist für Online Content. Mit der richtigen Mischung aus Beratung, Konzeption und Produktion für digitale Kommunikation. In unregelmäßigen Abständen blogge ich privat über Themen, die mich interessieren.

Julius Kröger Inhaber julius-media.de
Julius Kröger